Betamax vs. VHS -  Ein Vergleich der beiden Systeme

Immer wieder liest und hört man, Betamax sei dem VHS Format überlegen. Ist dem nun so oder ist alles nur ein Gerücht? – Betamax wird seit Jahren nicht mehr weiterentwickelt. Es steht außer Frage, dass ein qualitativ hochwertiger neuer VHS Recorder jedem Betamaxrecorder überlegen sein wird. Ein Vergleich macht daher nur bei Geräten gleicher Baujahre Sinn. 1984 war es soweit: Sony´s erster HIFI Stereo Betamaxrecorder kam auf den Markt der SL-HF100 EC. Aus dem VHS Lager erschien der Panasonic NV-850. Panasonic beschrieb die Tonqualität des VHS-Recorders als „HIFI-Komponente der Spitzenklasse“. Sony sprach von „absolut perfektem HIFI-Klang“. Der VHS kostete derzeit inclusive Fernbedienung 2900 DM (ca. 1450€), der Betamax „nur“ 2450 DM (1225€).

 

Schon beim ersten Blick auf das Foto lässt den Betamaxrecorder edler aussehen als den VHS Konkurrenten. Mit 10mm mehr in der Höhe und 10mm mehr in der Tiefe ist der VHS Recorder grösser als der Betamax. Die Regler zur Aussteuerung des HiFi-Tons sind beim VHS Recorder unter der Blende versteckt. Die Drehregler des VHS sind so klein, daß sie nur mit spitzen Fingern bedient werden können. Beim Betamax sind die leicht zu bedienenden Schieberegler direkt auf der Frontseite erreichbar.  

Panasonic NV-850 / Sony SL-HF100EC

Beide Bandlaufwerke lassen sich präzise und leichtgängig steuern, der Panasonic fädelt jedoch bei jedem Stop, Vor- und Rückspulvorgang das Band aus was zwar schonender für das Band beim Spulvorgang aber sehr nervig in der Handhabung, da der Fädelvorgang sehr lange dauert. Untersuchungen im Meßlaborenthüllten – neben ausgezeichneten Meßwerten auch wenig Perfektes: guter Frequenzgang auch bei hoher Aussteuerung und hervorragender Gleichlaufstehen beim VHS relativ mäßigem Signal-Rauschabstand von knapp 80 Dezibel gegenüber, und das trotz stark wirkendem, dbx-ähnlichem Kompander (System zur Reduzierung des Rauschens). Als Übeltäter stellten sich die Eingänge und der Aufnahmeverstärker heraus, in die Motorsummen und Netzbrummen einstreuen.

Der Betamax war da schon von anderem Schrot und Korn. Ein Vorbandgrundrauschen von – 89 Dezibel und eine Hinterband-Dynamik von 92,5 dB lassen den VHS ganz schön alt aussehen. Lediglich der leichte Höhenabfall bei hoher Aussteuerung trübt das insgesamt sehr positive Bild es Sony Betamax. Schuld an der etwas schlechteren Höhenaussteuerbarkeit ist der Kompander, der wie eine Mischung aus Dolby und dbx arbeitet. Zwei verschieden geregelte Emphasis- und Deemphasis-Kreise (Höhenanhebung- und Absenkung) verschieben wie Dolby den Grad der Anhebung und Absenkung und die Einsatzfrequenz je nach der Signalfrequenz (Sliding-band-Verfahren) und sollen so für hohe Rauschunterdrückung und dennoch kaum hörbare  Rauschmodulation sorgen – zwei Forderungen, die sich bei einfachen Breitbandkompandern stets widersprechen.

Das eigentliche Problem von HIFi-Videorecordern sind jedoch die Schaltknacke, die durch das andauernde Umschalten zwischen beiden Tonköpfen entstehen. Hier zeigt sich der Betamaxrecorder wieder klar überlegen. Seine Störimpulsspitzen lagen bei 24-28 dB unter den 10-Kiloherz-Signalspitzen. Der VHS ließ mit 8-14 dB Störimpulsabstand Übles vermuten. Der Hörtest widersprach den Messungen nicht. Speziell kritische Klavierpassagen mit langsam ausklingenden Anschlägen, so auf Wolf Hardens Einspielung der Liszt-Sonate „Aprés une lecture du Dante“ auf der Test-CD waren beim VHS Recorder von deutlich hörbaren Knistern unterlegt. Auch der für Breitbandkompander so typische  mit dem Signal an- und abschwellende Rauschteppich (Rauschmodulation) ließ sich nicht überhören. Er verschwand erst schlagartig, als kein Nutzsignal mehr zu hören war. Die mit Hochton- und Baßimpulsen gespickten Stücke „43“ von Level 42 und „Lies“ con Camel waren bei der Aufnahme bzw. anschließender Widergabe  zwar kaum noch durch die Störimpulse getrübt, dennoch wirkte der Klang etwas diffuser, die Impulse verwischter als beim Betamax, der dem derzeitig keinesfalls HiFi-tüchtigen VHS-System um Klassen überlegen ist. Ähnliche Störungen produzierte auch ein zweites, angeblich verbessertes NV-850-Exemplar.

Meßwerte

Panasonic NV-850 (VHS)

Sony SL-HF100ES (Betamax)

System / Norm:

VHS/PAL, Secam Ost

Beta/PAL, Secam Ost

Anzeigewerte:
333 Hz bei 3% K ges:
   8 kHz bei Dauerton:
 10-ms-Burst (8kHz):
Kurzkommentar:


 +2 dB
 +6 dB
 +6dB
Anzeige provoziert Untersteuerung; sehr schlechte Auflösung in den Tiefen, zeigt bei 7 dB Übersteuerung nur +2 dB an


 +5 dB (Anschlag)
 +5 dB (Anschlag)
 +5 dB
Anzeige gut ausgelegt, registriert auch kurze Impulse, aber Bereich nach oben hin sehr begrenzt

Geräuschsp.-Abstand:
Rauschabstand bei 0 dB nach Anzeige:
Höhendynamik (8 kHz)²:
Kurzkommentar:

 81 dB

 73 dB

 78 dB
 Gut, mäßig für HiFi-Recorder

92,5 dB

85 dB

87 dB
Hervorragende Dynamikwerte

Impulsstörabstand³:
(Abstand Signal zu
 Störimpulsspitzen)
Kurzkommentar:

Mittelwert:            Spitzenwert:
30,5 dB                 8-14 dB

Relativ hohe Impulsstörungen

Mittelwert:            Spitzenwert:
33 dB                    22-28 dB

Störungen gering, jedoch registrierbar

Relative
Höhenaussteuerbarkeit(5):
5% IM-Grenze (4):

Kurzkommentar:


-2 dB
-6 dB
Höhen gegenüber Tiefen gut aussteuerbar


-5,5 dB
-10,5 dB
Befriedigende rel. Höhenaussteuerbarkeit

Klirrfaktor
(Aussteuerung
 -10 dB und 0 dB
 gegen 0 dB Anzeige):



Kurzkommentar:

 

-10 dB

0dB

40 Hz:

1,6%

1,6%

1 kHz:

0,08%

0,1%

4 kHz:

0,25%

0,3%

Gut bis sehr gut bis auf 40 Hertz

 

-10 dB

0dB

40 Hz:

0,27%

0,58%

1 kHz:

0,08%

0,13%

4 kHz:

0,09%

0,14%

Ausgezeichnete Werte

Aufnahme/Wiedergabe-
Frequenzgang:

1.)                     0 dB
2.)                  -15 dB
3.)              Vorband

(Aussteuerung gegen
 0 dB nach Anzeige):

Kurzkommentar:


Guter Frequenzgang auch bei hoher aussteuerung, leichter Bassabfall


Höhenabfall erst bei hoher Aussteuerung, sonst gut bis sehr gut

Eingangsempfindlichkeit
und Vorband-Rauschab-
stand
(bewertet):

Kurzkommentar:

Empfindlichkeit:

Störabstand:

Line: 85 mV

74 dB

Micro: 0,72 mV

63 dB

Schlechter Störabstand bei Line

Empfindlichkeit:

Störabstand:

Line: 67 mV

89 dB

Micro: - mV

- dB

Sehr guter Störabstand

Gleichlauf (bewertet):
Kurzkommentar:

0,008%
Hervorragender Gleichlauf

0,005%
Hervorragender Gleichlauf

Umspulzeit

220 sec

226 sec (für L 500)

Abmessungen (BxHxT)

430x115x370 mm

430x105x360mm

Garantiezeit:

6 Monate

6 Monate

Wertungen

 

 

Klang:
Messwerte:
Fertigungsqualität:
Preis-Leistungs-
Verhältnis:
Qualitätsstufe:

Befriedigend
ausreichend bis befriedigend
gut bis sehr gut

befriedigend
Obere Mittelklasse II

Sehr gut
gut bis sehr gut
gut bis sehr gut

sehr gut
Spitzenklasse I

(1) Gemessen bei 3% Klirr. (2) Abstand zwischen Grundrauschen und 8-Kilohertz-Aussteuerbarkeit
(3) Gemessen bei 10 kHz, 15 dB unter 8-kHz Vollaussteuerung (3% Kges); (4) gemessen wird der Hinterbandpegel, bei dem zwei 9- und 10-kHz-Signale 5% IM-Verzerrungen verursachen
(5) Abstand Hinterbandpegel 8 kHz zu 315 Hz bei 3% Kges

Die Messergebnisse wurden von der Zeitschrift Stereoplay Ausgabe 7 / Juli 1984 ermittelt

 

Der Sony Betamax meisterte die härtesten Impulse ohne Abschliff mit Bravour, ohne Schleier oder Unsauberkeiten, klar und differenziert gab er alles wieder, was man ihm aufbürdete. Lediglich die schwierige Klavierpassage von Wolf Harden litt bei ganz leisen Stellen unter leichtem tieffrequenten Knacken, dass aber weit weniger störte als die hochfrequenten, wie Zündfunken klingenden Impulse.

Im direkten Vergleich der beiden Recorder schrieb „Stereoplay“ in Ausgabe 7/1984: „Bleibt zu hoffen, dass andere VHS-Recorder besser werden. Sonst ist es nichts mit VHS-Hifi.“

 

Mit 260 Zeilen ist der Betamax auch von der Auflösung dem VHS mit 240 Zeilen deutlich überlegen. Dieser Vergleich zeigt, daß Sony mit dem Betamaxformat VHS in jedem Punkt eindeutig überlegen war. Wer derzeit auf Qualität setzen wollte musste nicht einmal draufzahlen sondern konnte sich sogar 450 DM (225€) sparen, da der Betamaxrecorder deutlich günstiger war als der VHS-Konkurrent. Mit aktuellen, preiswerteren VHS Recordern kann sich Betamax auf jeden Fall jetzt noch messen.

 

Elmar Zielke

 

 

Weiterführende Links

 

Sony SL-HF100 Videorecorder
Einführung des Stereo-Tons bei Videorekordern - Betamax VS. VHS

Geschichte des Betamax-Videoformats

 

 

© 2007 Elmar Zielke / betamax-video.de